Obwohl die neue Spielstätte im Bürgergarten nicht im Zentrum der Aufmerksamkeit der Stadtfestbewohner liegt, besuchten bis zu 400 Zuschauer die Veranstaltung
Das 12. Bärbel Wachholz-Schlagerfest ist gelungen. Etwa 350 bis 400 Besucher kamen in den Bürgergarten vom Haus Uckermark, um die traditionelle Erinnerung an die Angermünder Schlagerlegende in der neuen Veranstaltungsstätte zu erleben. „Dieser Erfolg war nicht selbstverständlich“, sagte Michael-Peter Jachmann, der das Schlagerfest initiiert hat und von Anfang an seit 2010 organisiert. „Die vergangenen zehn Feste bestritten wir auf der Hauptbühne des Angermünder Stadtfestes – im Mittelpunkt des Geschehens. Da gab es immer einen großen Zulauf. Diesmal nun im Bürgergarten standen wir nicht mehr so im Blickfeld der Angermünde und Stadtfestbesucher – so fragten wir uns, wie groß diesmal der Zuspruch sein würde.“ Erschwerend hinzu kam der ungebremste Sonnenschein, denn die ursprünglich vorgesehenen Sonnenschirme waren nicht aufgestellt worden. Doch viele Besucher griffen zur Selbsthilfe und schleppten die bereitgestellten Stühle in die Schattenbereiche.
„Schon zum ersten Teil der Veranstaltung – zur Bärbel Wachholz-Gala – fanden sich gut 250 Zuschauer ein. Und nicht nur aus Angermünde. Es beeindruckt mich sehr, dass sogar aus Thüringen, Sachsen-Anhalt, Dresden und Leipzig Interessierte kamen. Da wirkt es kaum noch besonders, dass auch einige Berliner und Eberswalder gesichtet wurden.
Einen besonderen Erfolg landete Ingrid Winkler (84), die einst an der Seite von Bärbel Wachholz in ihren Revuen sechs Jahre lang mitwirkte. Sie nahm die Qual von fünf Autostunden auf sich, um nach 15 Jahren endlich wieder im Schlagerfestprogramm mitzuwirken: „Ich erinnere mich gern an meinen Auftritt beim 1. Schlagerfest 2010, auch bei der Produktion des zweiten Albums ‚10 Jahre Bärbel-Wachholz-Schlagerfest‘ konnte ich mitwirken. Aber weil ich in der Türkei lebte, klappte es lange Zeit nicht mit einer zweiten Teilnahme beim Schlagerfest. Seit wenigen Jahren lebe ich wieder in Deutschland, deshalb konnte ich nun die Einladung annehmen, auch wenn in meinem Alter die damit verbundenen Strapazen nicht ohne sind.“ Trotz ihres Alters ist Ingrid Winkler stimmlich noch immer auf einem hohen Niveau – das konnte sie mit den beiden Wachholz-Liedern „Seit 24 Stunden“ und „Der große Fluß“ überzeugend nachweisen. Besonders für das emotionale und viel Stimme erforderliche Fluss-Lied erhielt sie starken Beifall. Später gestand sie: „Ich stand schon längere Zeit nicht mehr auf der Bühne und war sehr, sehr aufgeregt. Aber in Angermünde wollte ich noch einmal unbedingt dabei sein. Ich bin so glücklich, dass alles gut geklappt hat. Danke, liebe Angermünder, für diesen freundlichen Empfang. Natürlich wollte ich meine Kollegin Bärbel würdig vertreten. Schön, wenn mir das gelungen ist.“
Ebenfalls das zweite Mal dabei war Dorit Gäbler, deren erster Auftritt auch schon lange zurückliegt, zehn Jahre. Immerhin hatte sie an der Produktion beider Schlagerfestalben (2014/2018) mitwirken können, für die sie insgesamt sechs Wachholz-Titel im Studio von Wilfried Peetz eingesungen hat. „Ich hab‘ Musik im Blut“, gehörte nicht dazu. „Aber ich liebe diesen Song und wollte ihn unbedingt heute singen. Schön, dass das möglich war.“ Die besondere Stärke Dorit Gäblers bei der Interpretation von Liedern – sie ist Sängerin und Schauspielerin und entdeckt so in den Liedern so manche neue Nuance, die viel Raum für eine freie Gestaltung gibt. Das zeigte sich auch bei „Ich steige dir aufs Dach“, „Ferdinand“ und „Oh, diese Männer“.
„Damals“ – dieses Lied von Bärbel Wachholz gilt allgemein als ihr erfolgreichstes. Das außer ihr bisher nur Frauen sangen. Tatsächlich? Dieter Dornig, der erstmals zum Schlagerfest kam, wollte unbedingt genau dieses Lied singen – „ich wüsste nicht, dass es schon von einem Mann gesungen wurde“. Und so wurde sein Auftritt entsprechend in Zeitungen vorher angekündigt. „Doch zwei Tage vor dem Schlagerfest bekam ich einen Anruf von Walter Bühling, Bärbels Krankenpfleger und schließlich guter Freund und Vertrauter in den letzten Lebensjahren: „Es gibt bei YouTube eine Aufnahme, bei der ein Mann singt.“ Tatsächlich – aufgenommen von Gerd Lappe aus Erkner, einer kleinen Stadt an der Grenze Berlins im Landkreis Oder-Spree. Dennoch nahm dies nicht die Spannung vom Auftritt Dieter Dornigs, der ursprünglich aus der Nähe von Zittau kommt, 1978 mit „Mutter, ich hab dir solang nicht geschrieben“ seinen ersten großen Hit landete, später bei AMIGA sein erstes Album veröffentlichte. 1988 wechselte er in die BRD, blieb dem Gesang aber bis heute treu.
Seine „Damals“-Variante nahm das Publikum freundlich auf und Dieter Dornig überlegte danach: „Vielleicht sollte ich dieses Lied im Studio aufnehmen, ich habe Lust darauf.“ Im Anschluss sang er seinen ersten Hit „Mutter“ und „Niemand weiß, wohin der Wind uns weht“, ebenfalls einen DDR-Erfolg, beides Kompositionen von Siegried Jordan. „Als ich das Lied aufnahm, wusste ich nicht, wie sehr es auf mich selbst zutreffen würde. Aber ich konnte irgendwann die Trennung von meiner Mutter nicht mehr ertragen, die in München lebte, und stellte deshalb den Ausreiseantrag.
Das Rückgrat der Bärbel Wachholz-Gala bildeten wieder einmal Andrea und Wilfried Peetz. Mit viel Stimme und sicherem Gefühl für die Gestaltung der einzelnen Lieder überzeugten sie einmal mehr. Zumal Wilfried Peetz insgesamt 48 Bärbel Wachholz-Titel in seinem Studio mit mehreren Interpreten aufgenommen hat. Darunter ein gutes Dutzend, dass Andrea und er eingesungen haben. Ob „Heut sind alle Straßen voll Musik“, „Sing für mich“, „Erster Kuß, erste Liebe“, „Mama“, „Gitarren im Mai“ und andere – jeder Titel saß perfekt.
Im Anschluss an die Gala zeigte Michael-Peter Jachmann im Saal vom Haus Uckermark Fernsehausschnitte mit Bärbel Wachholz aus den großen Unterhaltungsshows der 1960er Jahre „AMIGA-Cocktail“, „Da lacht der Bär“ und „Schlagerrvue“. „Diese Möglichkeit gab es bei diesem Schlagerfest zum ersten Mal, dank der neuen Spielstätte für das Schlagerfest. Ich freue mich, dass die Zuschauer auch dieses Angebot in großer Zahl aufgenommen haben.
Zum Abschluss des Nachmittags stellten sich Dorit Gäbler, Dieter Dornig sowie Andrea und Wilfried Peetz stellten sich im dritten Teil des Nachmittags dem Publikum auch mit Mini-Konzerten vor. Doch die blanke Sonne forderte ihren Tribut, viele Zuschauer hielten es nun nicht mehr im Bürgergarten aus – trotz der sehr gelungenen Darbietungen.
Doch am gelungenen Schlagerfestnachmittag änderte das nichts. „Ohne das Sponsoring der Städtische Werke Angermünde – also der Stromversorgung GmbH und der Gasversorgung GmbH – wäre die Veranstaltung nicht möglich gewesen. Dafür ein großes Dankeschön an Jörg Gehrike und das ganze Team, das ganze Kollektiv“, sagte Michael-Peter Jachmann.